1992

Die Geschäftsstelle wird stabilisiert und die Stützpunkte eingerichtet

Zum 01.02 wurden in der Verwaltung weitere Mitarbeiter eingestellt. Hierzu zählte Helmut Krüger, der für den Bildungsbereich verantwortlich war. Helmut Krüger und Fritz Grunicke wurden anfangs durch den ESF (Europäischen Sozialfonds) finanziert. Weitere Mitarbeiter wurden über ABM eingesetzt. Im Bildungsbereich unterstützte Ingrid Mantau, Dieter Müller wurde Mitarbeiter in der Projektorganisation. Ebenfalls wurden leitende Mitarbeiter für einzelne Stützpunkte eingestellt. Hier zeichneten Horst Scherer (Brück), Fritz Schmidt (Görzke), Wilfried Fischer (Belzig), Werner Meier (Wiesenburg) und Horst Bothe (Linthe, Borkheide, Borkwalde) verantwortlich. Der Stützpunkt Niemegk wurde durch Walter Lobbes, der bei der Stadt angestellt war, geleitet. In der Regiestelle nahmen am 20.01. Sigrid Weidner als Mitarbeiterin in der Personalverwaltung, am 01.02. Ingrid Neubert in der Lohnbuchhaltung und Sybille Tietze in der Finanzbuchhaltung und am 01.03. Irmgard Oschatz, ebenfalls Finanzbuchhaltung, die Tätigkeit auf.

Schließlich wurde ebenfalls zum 01.03. Bernd Schlägel Geschäftsstellenleiter des AAfV. Er war lt. Arbeitsvertrag für die Organisation mit den zuständigen Stellen des Landkreises, des Arbeitsamtes und den Behörden des Landes Brandenburg sowie für die Arbeitsorganisation innerhalb der Geschäftsstelle verantwortlich. Anfangs sprach man von der “TROIKA”, wenn vom Team Schlägel – Grunicke – Krüger die Rede war.
Zur Unterstützung der Projekte wurde in angrenzenden Gebäuden in der Erich-Weinert-Straße ein Technikstützpunkt mit Werkstatt und Lager eingerichtet.

Beginn der ersten praktischen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen

Bereits zum 01.01. wurden insgesamt 230 Stellen in 9 praktischen Aufgabenfeldern bewilligt. Dazu zählten Maßnahmen zur Ortsgestaltung, erhaltenswerten Bausubstanz und Wohnumfeldgestaltung, zu  Sanierungsarbeiten und zum Straßen- und Wegenetzausbau. Ein weiterer Schwerpunkt war der Auf- und Ausbau touristischer Anlagen und Einrichtungen. Damit klinkte sich der AAfV aktiv in die drei Säulen der Strukturentwicklung des Territoriums ein – Gewerbegebiete, Tourismus sowie Erhaltung der Land- und Forstwirtschaft.

Allein in letzterem Wirtschaftsbereich waren vor der politischen Wende 35 % der Arbeitnehmer tätig, kurz danach waren es noch 12%. Hieraus resultierte auch der große Anteil von Frauen – über 70 % aller Arbeitslosen.

In die einzelnen Maßnahmen, des großangelegten Programms wurden überwiegend Arbeitslose eingestellt,, die – aus welchen Gründen auch immer – schwer vermittelbar waren. Die Entscheidung darüber hatte das Arbeitsamt. Im Gegensatz zu späteren Maßnahmen wurde erst eingestellt und dann entschieden, in welchen der sechs Stützpunktbereiche mit den dazugehörenden Orten die Teilnehmer zum Einsatz kommen. Anfangs keine leichte Aufgabe. Die Kommunen mussten sich darauf einstellen, dass sie auch Teilnehmer zugewiesen bekommen, die eventuell auf Grund ihrer Arbeitswilligkeit nicht so gute “Partner” sind, wie man sich vorgestellt hat. Sie taten sich auch anfangs schwer, wenn es darum ging, Tätigkeitsfelder für die Maßnahmen aufzuzeigen. Vereinsvorsitzender Günter Baaske dazu: “Der Verein hat die Arbeitskräfte, die Mittel und besorgt die Organisation. Den Kommunen bleibt nur die Aufgabenverteilung.” Aber auch dieses Problem wurde durch Ideen und schnelles Handeln gelöst.

Neben den Aufgaben in den einzelnen Kommunen des Landkreises ist besonders erwähnenswert die Zusammenarbeit zwischen dem AAfV, der Stadt Belzig, regionalen Bildungsträgern und Firmen, zum Beispiel bei der Rekonstruktion der Burg Eisenhardt, bei der Errichtung des Freizeitzentrums, des Bahnhofsvorplatzes, der Sanierung des Stadionteiches oder auch beim Wanderwegebau. Unvergessen sind solche Höhepunkte, an denen die Resultate der ersten Projekte zu sehen waren und gewürdigt wurden. So die Eröffnung des neuen Jugendfreizeitzentrums POGO in der Kreisstadt. Sie fand am 26.06.1993 und im Beisein von Brandenburgs Ministerpräsidenten Manfred Stolpe und dessen Amtskollegen aus Nordrhein-Westfalen und späteren Bundespräsidenten Johannes Rau, statt. Beide Politiker zerschnitten das symbolische Eröffnungsband am Eingang. Rund 400 Besucher fanden an diesem Tag den Weg zum Zentrum und folgten den beiden Politikern auf einem Rundgang durch die 16 Räume, die künftig den Jugendlichen aus Belzig und Umgebung zur Verfügung standen. Zwei Drittel der Umbaukosten des einstigen Klubs der Volkssolidarität hat die nordrhein-westfälische Landesregierung übernommen. Und einen großen Anteil der Eigenleistung wurde durch Teilnehmer in ABM vom AAfV erbracht, die dafür viel Lob und Anerkennung erhalten haben.

Im Juli des gleichen Jahres wurde das neue Freizeitbad eröffnet. Ministerin Regine Hildebrandt besichtigte die Anlage,  an der auch Frauen in praktischen ABM mitwirkten und einen erheblichen Anteil geleistet haben. Sie lobte ihre Leistung, insgesamt die guten ABM-Programme in der Kreisstadt und das Zentrum als Vorzeigeobjekt für die Mitwirkung der Arbeitsförderung. Der Höhepunkt, nach dem Rundgang ließ sie es sich nicht nehmen, im schwarzen Badeanzug, die 55-Meter-Rutsche selbst auszuprobieren. Auch den Strömungskanal testete sie, spielte mit den Kindern an der aufgeblasenen Gummi-Krake und erfüllte zahlreiche Autogrammwünsche. Es sollte nicht ihr letzter Besuch beim AAfV gewesen sein.

Und ebenfalls 1993 fand noch ein anderes Ereignis statt – die Einweihung des neu gestalteten Bahnhofsvorplatzes. Sie wurde im September feierlich begangen. Bürgermeister Peter Kiep würdigte die Firmen, die bei der Neugestaltung des Platzes nach einem Projekt des Ingenieurbüros Frohmann beteiligt waren. Einmal mehr hob er im Beisein von Polit- und Bahnprominenz, auch aus Berlin und Potsdam, dabei die Verdienste der Frauen und Männer vom AAfV hervor, die im Rahmen von ABM beteiligt waren.

Aber nicht nur die Ergebnisse der einzelnen Projekte sollen Erwähnung finden. Viele Teilnehmer wurden während oder nach der Maßnahme in ein Anstellungsverhältnis  übernommen. Sie hatten sich so gut qualifiziert und eingearbeitet, dass man in den bauausführenden Betrieben nicht ohne ihre künftige Mitarbeit bleiben wollte.

Eine wichtige Rolle bei der Beratung des AAfV spielte, besonders in den Anfangsjahren, die Landesagentur für Struktur und Arbeit GmbH Brandenburg (LASA). Hier fand man stets kompetente Ansprechpartner, die unter anderem zu Fragen der Fortbildung, der Umsetzung von Förderprogrammen sowie der Information und Dokumentation Antwort geben konnten. 

Sanierung flämingtypischer Pflasterstraßen

Im Rahmen des Strukturwandels für den Landkreis Belzig wurde durch den Kreistag ein Strukturförderprogramm verabschiedet. Dieses Programm beinhaltete auch Arbeitsschritte zur Umstrukturierung der Wirtschaft des Landkreises. Eine tragende Säule stellte dabei der Tourismus im ländlichen Raum dar.

Zu den Besonderheiten des Flämings gehören seine Baumalleen und mittelalterlichen baulichen Anlagen, darunter eine Vielzahl von Kopfsteinpflasterstraßen. Jahrzehntelange Vernachlässigungen führten dazu, dass sich diese in einem sehr schlechtem Zustand befanden und kaum noch nutzbar waren.

Ein erster Schritt, diesen Zustand zu beenden, wurde auf der Straße zwischen Belzig und Weitzgrund vollzogen. Die Straße war an vielen Stellen noch vorhanden, doch in einem äußerst schlechten Zustand. Sie wurde von schweren forst- und landwirtschaftlichen Fahrzeugen zerfahren und durch jahrelange Vernachlässigung sich selbst überlassen. Sie führt durch Wälder und liegt abseits von anderen verkehrsreicheren Straßen und den damit verbundenen Umweltbelastungen. Daher bestand das Ziel, diese Straße mit flämingtypischen Naturkopfsteinen zu bepflastern. Daneben soll ein Rad- und Fußweg entstehen, dieser jedoch mit Betonsteinen gepflastert. So wird das Radfahren nicht beeinträchtigt.
Die Arbeit wurde über eine ABM mit 40 Teilnehmern, anfangs mit 35 Männern und 5 Frauen, in Kombination mit einem 50%igen Bildungsanteil organisiert. Die Teilnehmer erhielten keine Ausbildung zu einem Beruf, sie wurden fortgebildet und als Pflasterer angelernt. Wenn eine Gruppe arbeitet, drückte die andere die Schulbank. Die praktische Anleitung erfolgte durch die Firma Freund. Betreut wurden die Teilnehmer durch Maßnahmeleiter Gesa Knott.

Die Arbeiten haben in Weitzgrund begonnen. Zunächst wurde eine Randbefestigung aus Beton gegossen, in der Steine gefasst sind. Das war erforderlich, damit die Pflastersteine in einem festen Rahmen gehalten werden und nicht zur Seite ausbrechen können. Bis auf einen Kilometer waren Steine vorhanden, teilweise am Wegesrand und von Pflanzen überwuchert. Sie mussten vorab freigelegt werden. Ganz beendet konnten die Arbeiten insgesamt nicht werden.
Ein großer Erfolg – aus diesem Projekt konnten 17 Teilnehmer während bzw. im unmittelbaren Anschluss einen Arbeitsplatz, überwiegend in der Bauwirtschaft, finden.

Im August 1993 wurde ein Folgeprojekt mit 45 Teilnehmern gestartet. Deren Aufgabe war es, die zuvor begonnenen Arbeiten fortzuführen. Die Maßnahme war für ein Jahr angelegt. Dabei wurde der Rad- und Fußweg kontinuierlich in Richtung Belzig weiter ausgebessert bzw. erneuert. Die Arbeit war körperlich anstrengend und verlangte, vor allem von den Frauen, viel ab. Was sie leisteten, konnte sich sehen lassen. Das Tagespensum des Teams betrug acht Paletten mit Formsteinen, jede Palette hatte 330 Steine.
Die Straße war ein erster Schritt zum Ausbau eines Radwegenetzes im Kreis Belzig, weitere sollten folgen. So die Trassenführung des internationalen Radweges R1 von Belzig nach Grubo, weiter über Raben und  Klein Marzehns bis zur Landesgrenze Sachsen Anhalts. Das Vorhaben wurde in den Jahren danach in Angriff genommen.
Während des Maßnahmezeitraumes wurden auch im kommunalen Bereich der Ämter Wiesenburg, Niemegk und Brück kleinere Schäden an Straßenpflasterungen ausgebessert. Dies waren Baumaßnahmen in Größenordnungen, die eine Vergabe an Straßenbaubetriebe nicht rechtfertigte. Die Fortführung der Maßnahme machte auch deshalb Sinn, weil die, über Sachkosten angeschaffte Technik, weiter genutzt werden konnte. Und die Chancen für weitere Teilnehmer, auf den ersten Arbeitsmarkt eine dauerhafte Anstellung zu finden, waren nach wie vor günstig.

Der Bildungsbereich des AAfV

Der Bereich wurde von Helmut Krüger geleitet, unterstützt durch Ingrid Mantau und ab Oktober 1992 durch Dr. Eva-Maria Strohm. Ziel war es, durch die Verbindung zwischen Theorie und Praxis eine Qualifikation zu erreichen, die fast einer Umschulung gleichkommt. Analysiert man die Zusammensetzung aller Maßnahmen, so wurde hier, ähnlich wie in der Situation bei den Arbeitslosen, ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Frauen deutlich. Hier lag das eigentliche Problem jeglicher arbeitsbegleitender Qualifizierung.
Die Perspektive für viele sah man in einer späteren Arbeit auf dem Gebiet des Tourismus, schließlich wollte Belzig bis zum Jahr 2000 Kurort werden. Darum konnte man während der ABM unter anderem Lehrgänge für Hauswirtschaft, Handel und Verkehr, Pensionsführung, Finanzen und Gesundheitspflege absolvieren und mit Zertifikat beenden.
Ein weiterer notwendiger Gesichtspunkt war die territoriale Entwicklung des Kreises. Standorte von Gewerbegebieten und Situationen in einzelnen Berufsrichtungen mussten berücksichtigt werden. So gesehen, war eine konstruktive Zusammenarbeit mit dem Kreis, ausgehend vom Strukturförderprogramm, und mit dem Arbeitsamt zur Ableitung von zielgerichteten Bildungsmaßnahmen erforderlich.
Der AAfV sah sich bei der arbeitsbegleitenden Qualifizierung auch als Koordinator zwischen  Teilnehmern, wobei auch Teilnehmer anderer Träger von ABM einbezogen worden sind, und Bildungsträgern. Auch wurde erreicht, das ortsansässige Bildungsträger Mitglied des Vereins wurden. Waren es 1991 bis 1993 acht verschiedene Bildungsträger, die in Abstimmung und im Auftrag des AAfV die vielfältigen Bildungsangebote realisierten, konnte 1994 bereits eine Zusammenarbeit mit 12 Bildungsträgern nachgewiesen werden.
In den ersten Jahren – bis einschließlich 1995 – gelang es,  250 Lehrgänge mit 5864 Teilnehmern und 498.302 Teilnehmerstunden zu organisieren.