PROJEKT: 6175 Stunden Bildung organisiert

Mittelmärkischer Arbeitsförderungsverein zieht nach fünf Jahren „Aktiv für Arbeit“ Bilanz

ZIESAR – Arbeitsplätze kann „Aktiv für Arbeit“ nicht aus dem Hut zaubern, aber das Projekt hilft Langzeitarbeitslosen und jenen, die keine Leistung beziehen, aus dem schwarzen Loch zu kommen, wieder Mut zu fassen, sich richtig zu bewerben und fit für die Zukunft zu machen.

Seit gut fünf Jahren betreut der Arbeits- und Ausbildungsförderungsverein Potsdam-Mittelmark (AAfV) dieses Projekt, das aus Landesmitteln und dem europäischen Sozialfonds finanziert wird, als einer von landesweit 18 Trägern. Gestern zog Projektleiter Winfried Hoffmann im Glassaal der Burg Ziesar vor rund 40 Vertretern aus Kommunen und Ämtern Bilanz. Mit Regina Merker und Barbara Doster stehen ihm zwei Mitarbeiterinnen zur Seite – jede in einer anderen Region.

In den fünf Jahren haben sich 1375 Frauen und Männer für „Aktiv für Arbeit“ entschieden, von denen 124 auf den ersten Arbeitsmarkt vermittelt werden konnten. Andere machten sich selbstständig, suchten sich einen Mini-Job oder üben ein Ehrenamt aus. Über einige Erfolgsgeschichten und Erfahrungen wurde in der gestrigen Diskussion berichtet. Bisher sind 6175 Unterrichtsstunden in etwa 20 wechselnden Modulen organisiert worden. Dabei konnte man sich auf einen Pool von 30 Dozenten stützen. Feste Angebote sind unter anderem PC-Training, die Bereiche Lebenshilfe, Persönlichkeit/Motivation, Bewerbung und die Goldschmiede in Kuhlowitz. Aber auch gesunde Ernährung oder Outfit gehören zu den Offerten. Als Unterschied zu anderen Programmen nennt Hoffmann die Freiwilligkeit und den hohen Grad an individueller Zuwendung. Denn neben Workshops und Seminaren, die sich die Teilnehmer selbst aussuchen, werde viel Wert auf Einzelbetreuung gelegt. „Wir können uns mehr Zeit für die Leute nehmen und setzen niemanden vor die Tür, egal wie oft er kommt.“ Die Verweildauer liegt bei sechs Monaten, kann aber auch darüber hinaus gehen. „Die psychische und physische Kompetenz zu entwickeln ist wichtiges Anliegen“, betont der Projektleiter. Dabei gehe es auch um Stärkung des Selbstwertgefühls. „Denn das Leben macht nicht nur Sinn, wenn man arbeitet.“ Indes stünden die Menschen nicht Schlange. Auch die fehlende Mobilität auf dem Lande sei ein Problem. Erstmals in diesem Jahr und mit 15 Teilnehmern erfolgreich gelaufen sei der Erwerb des Kassenpasses, um im Großmarkt oder im Lager eigenverantwortlich eingesetzt werden zu können.

AAfV-Geschäftsführerin Marie-Luise Vetter mahnte vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung an, über Trägergrenzen hinweg Projekte besser und transparenter abzustimmen. Wie beim Kassenpass plädierte sie für die Entwicklung „arbeitsnaher Module“, die teils bereits angeboten wurden. Als Beispiele nannte sie Fremdsprache fürs Büro oder Qualifizierung für die Sicherheitsbranche. „Potenzen ausschöpfen heißt aber auch, eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit den regionalen Akteuren.“ Dazu zählt sie Wirtschaftsunternehmen, kommunale Verwaltungen, aktive Vereine. Umso bedauerlicher fand es Vetter, dass von der Agentur für Arbeit und der Hartz IV-Behörde Maia trotz Einladung gestern niemand da war. Aus ihrer Sicht müsste dort mehr von diesem Projekt berichtet und nach Ablauf des halben Jahres gemeinsam nach weiteren Ansätzen geschaut werden, die auf den ersten Arbeitsmarkt führen. Mit dem Netzwerk für ambulante soziale Dienste und der Koordinatorin für bürgerschaftliches Engagement arbeite man eng zusammen. Neu sei die Mitgliedschaft im südbrandenburgischen Netzwerk „Perspektive Wiedereinstieg“. „Berichten sie über unser Projekt“, appellierte sie an die Anwesenden. „Aktiv für Arbeit“ läuft bis Ende 2010, wobei der AAfV auf Verlängerung hofft.

„Wenn ein Projekt wie dieses auf anderthalb Jahre angelegt war und nun fast sechs Jahre besteht, zeugt das von Qualität“, so Vize-Landrat Christian Stein, der seine Unterstützung zusicherte. Vereinsvorsitzende Evelyne Vogel nutzte die Chance, um für den AAfV, der nächstes Jahr 20. Geburtstag feiert, Mitglieder im Speckgürtel zu werben. „Denn dort sieht es noch dürftig aus“, sagte sie und brach eine Lanze für die Kooperation mit der Peripherie. (Von Claudia Nack)

Märkische Allgemeine 11. November 2010