INTEGRATION: Hilferuf an Steinmeier

Verein fordert mehr Unterstützung für Bad Belziger Asylbewerber

BAD BELZIG – Mitglieder des um die Integration von im Fläming lebenden Ausländern bemühten Belziger Forums schlagen Alarm: Für die Betreuung von teilweise aus Kriegsgebieten stammenden und deshalb womöglich traumatisierten Flüchtlingen fehlen im Asylbewerberheim in der Kurstadt geschulte Mitarbeiter.

„Das Problem ist, dass es derzeit gar keine psychologische Betreuung für Asylbewerber gibt“, schilderte Wam Kat, Stadtverordneter der Linken und Gründungsmitglied des Forums, die Situation. „Wir sitzen teilweise auf psychologischen Zeitbomben“, gab der Politiker vorgestern Abend in einer Gesprächsrunde im Info-Café „Der Winkel“ mit dem Chef der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Frank-Walter Steinmeier, zu bedenken.

„Wir brauchen ganz dringend Hilfe und Unterstützung“, sagte auch Vereinsmitglied Götz Dieckmann.

Anlass für den Hilferuf an Steinmeier ist der Fall eines offensichtlich psychisch kranken Asylbewerbers, der laut Dieckmann momentan keine geeignete Behandlung erfährt. „Uns sind die Hände gebunden, wir sind an unsere Grenzen gestoßen“, so Dieckmann. Er arbeitet als Koordinator gegen Rechtsextremismus und Gewalt.

Der in dem vom Belziger Forum betriebenen Info-Café tätige Sozialarbeiter Jean Marce Banoho erklärte, jeder Mensch habe das Recht, menschenwürdig behandelt zu werden. Der gebürtige Kameruner kam einst selbst als Asylbewerber in die Kreisstadt.

Frank-Walter Steinmeier kündigte an, nach Möglichkeiten der Hilfe zu suchen. „Ich bin froh und dankbar, dass es hier eine Institution gibt, die sich mit aller Nachhaltigkeit und Langlebigkeit für die Probleme der Asylberwerber einsetzt“, sagte Steinmeier (siehe Kasten). Hintergrund von Steinmeiers Besuch waren der von Unbekannten verübte Angriff auf eine in Bad Belzig lebende Kenianerin sowie Anschläge auf das Info-Café, einen Gedenkstein und den Baum der Gleichheit (die MAZ berichtete).

In der Kreisverwaltung kennt man die Problematik um die fehlende psychologische Betreuung und den offenbar brisanten Fall. „Wir suchen händeringend nach einer Lösung“, sagte Andrea Metzler, Sprecherin des Landratsamtes, gestern auf Anfrage der MAZ. Mitarbeiter des zuständigen Fachdienstes für Soziales und Wohnen seien deshalb auch oft vor Ort. Der Arbeits- und Ausbildungsförderungsverein (AAfV) betreibt im Auftrag des Landkreises das Asylbewerberheim.

Marie-Luise Vetter, Geschäftsführerin des AAfV, erklärte gestern, sie halte vor allen Dingen in diesem einen Fall eine psychologische Betreuung für sehr ratsam. „Ich weiß nicht, ob wir die generell brauchen, was wir jedoch unbedingt benötigen, ist ein reibungsloser Zugang zu Spezialisten“, mahnte Vetter eine „gut funktionierende Hilfekette“ an. (Von Hermann M. Schröder)

– Märkische Allgemeine 13. Januar 2011