Joachim Gauck besucht Bad Belziger Flüchtlingsheim und wirbt für Toleranz

BAD BELZIG -Masoud Rostami hat sein kleines Zwei-Mann-Zimmer ordentlich aufgeräumt. Auf Socken steht der junge Iraner in der Tür und lächelt freundlich. „Kommen Sie herein“, sagt er zu Joachim Gauck und bittet den deutschen Bundespräsidenten in die bescheidene Unterkunft. Das Staatsoberhaupt darf die Schuhe anbehalten.

„In meiner Heimat war ich Ingenieur, ich würde gerne in Deutschland arbeiten, aber ich darf nicht“, erklärt Masoud Rostami. Der 30-Jährige spricht gut Deutsch. Seit 14 Monaten lebt er als Flüchtling in Bad Belzig und wartet auf seine Anerkennung als Asylant. Sein Zimmergenosse Milad Sadeghi ist seit zwei Jahren hier. „Ich wünsche Ihnen viel Glück und alles Gute“, sagt Gauck und schaut weiter.

Schnellere Verfahren, Erlaubnis zum Arbeiten, Abschaffung der Residenzpflicht – die Sorgen der beiden jungen Perser sind die von vielen der 135 Menschen, die derzeit im Bad Belziger Asylbewerberheim leben.

Kann Joachim Gauck ihnen helfen? „Ich mische mich als Bundespräsident nicht in die Politik ein, aber ich will Anstöße geben“, versprach Gauck. Er hoffe, dass sich die Verfahren verkürzen würden. „Dieses Land braucht Zuwanderung.“ Deutsche dürften keine Angst haben, dass Flüchtlinge ihnen etwas wegnehmen wollten. „Wir müssen unsere Herzen öffnen, das ist meine Botschaft.“

Gauck warb jedoch auch um Verständnis für die Entscheidung der deutschen Behörden, obwohl er es selbst nicht verstehe, wenn innerhalb einer Familie Asylverfahren unterschiedlich ausgehen würden. „Das ist in meinen Augen ein Problem.“

Gleichzeitig lobte der Bundespräsident das Engagement der drei Heimmitarbeiter unter Leitung von Rose Dittfurth. „Es ist beeindruckend, was Sie leisten.“ Der Arbeits- und Ausbildungsförderungsverein betreibt die 1992 eröffnete Einrichtung im Auftrag von Potsdam-Mittelmark. „Herr Gauck hat sich sehr viel Zeit genommen, und war den Menschen zugewandt“, zeigte sich Dittfurth begeistert. „Ich denke, es wird ein Signal geben.“

 

Landrat Wolfgang Blasig (SPD) sprach sich für ein Umdenken in der Asyldebatte aus. „Deutschland braucht ein Einwanderungsgesetz“, sagte er der MAZ. Zudem müsse die große Politik die Kommunen besser unterstützen. „Wir sind als Kreis an unsere Leistungsgrenzen gelangt.“

Joachim Gauck nahm viele Eindrücke mit nach Berlin. „Die Begegnungen waren intensiver, als ich es mir vorgestellt hatte“, erklärte er im Anschluss seines Besuches. „Es ist ein Unterschied, ob man einem Problem begegnet, oder einem Menschen.“ (Von Hermann M. Schröder)

– Maerkische Allgemeine 13.12.2012