Steffi Wiesner

Das Mitarbeiterportrait: Steffi Wiesner

Im Taxi zur neuen Arbeitsstelle

Interview mit Steffi Wiesner

Seit dem Frühjahr 2004 arbeitet Steffi Wiesner beim SAM e. V. So verwundert es kaum, dass sie viele Einzelheiten über die Arbeit in unserem Verein kennt. Sie ist auch in der Lage, einige längerfristige Entwicklungslinien im Landkreis und in unserer Unternehmung einzuschätzen sowie einen wertvollen Beitrag zu den aktuellen Diskussionen über künftige Entwicklungstrends zu leisten. Der monatliche Newsletter hat Steffi dazu interviewt.

Seit beachtlichen 19 Jahren leitet Steffi ununterbrochen die Koordinierungsstelle für Freiwilligenarbeit & Bürgerengagement im Landkreis Potsdam-Mittelmark. Auf die Spuren ihrer Arbeit bin ich an einem Samstag Mitte April gestoßen, als ich von Kuhlowitz mit dem Rufbus zum Bahnhof Bad Belzig gefahren bin. Um welche Spur es sich handelte und welche weiteren Steffi Wiesner in der Region noch hinterlassen hat erläutert sie im Folgenden:

Frage: „Im Taxi zur neuen Arbeitsstelle“ ist dieses Interview betitelt. Konntest du damals mit einem Sack voll Geld als Reserve deinen neuen Job antreten?

Steffi Wiesner: Keineswegs, hatte ich doch damals gerade mein Studium der Verwaltungswissenschaft beendet und mich für meinen ersten Job beim damaligen AAfV beworben.

Frage: Erzählst du ein wenig über die Umstände deines Arbeitsantritts?

Steffi Wiesner: Der Landkreis Potsdam-Mittelmark hatte 2004 die Stelle einer Freiwilligenkoordinatorin ausgeschrieben, der AAfV wollte diese besetzen und suchte geeignete Arbeitskräfte dafür. Ich bekam deshalb den Vorzug, weil ich meine Diplomarbeit über das Thema „Freiwilligenmanagement“ geschrieben hatte und ich bereits ein Praktikum dazu bei einem Berliner Think Tank  im Rahmen des Studiums absolviert hatte. Vor diesem Hintergrund bekam ich schnell eine Einladung zum Vorstellungs­gespräch, genau zum 3. Mai 2004.

Frage: Und das mit dem Taxi?

Steffi Wiesner: Bad Belzig kannte ich noch nicht und nahm mit meiner Stadterfahrung an, dass da wohl ein Bus nach Kuhlowitz fahren würde. Ich hatte dafür genug Zeit eingeplant. Am Bahnhof musste ich mich schnell eines Besseren belehren lassen. Um zur Einladung von Frau Dr. Vetter (damals Abteilungsleiterin für Soziales) nicht gleich zu spät zu erscheinen, organisierte ich – und selbst das war damals mühsam – ein Taxi. Das Gespräch selbst war sehr angenehm, und ich verabschiedete mich mit einem insgesamt guten Gefühl. Meine Restzweifel schwanden, als ich bereits auf dem Rückweg zum Belziger Bahnhof angerufen wurde mit der Frage, ob ich gleich morgen anfangen könne?

Frage: Was erwartete dich in der ersten Zeit?

Steffi Wiesner: Zunächst sollte ich die Netzwerke in der mir anvertrauten Region Potsdam-Mittelmark  kennenlernen und Kontakte zu vielen Akteuren knüpfen. Es galt, eine Freiwilligenkoordination für den Landkreis Potsdam-Mittelmark von fast Null an aufzubauen. Zwar gab es bereits vorher Bestrebungen aus Potsdam und Brandenburg an der Havel heraus, aber ich konnte hier kaum auf verwendbares Material zurückgreifen. So musste ich mich vor allem mit den Besonderheiten des Landkreises und damit mit dem ländlichen Raum vertraut machen. Es war gar nicht so einfach, Einsatzstellen für Freiwillige in sozialen Einrichtungen zu finden, da mit dem Thema „Ehrenamt“ damals nicht jeder etwas anfangen konnte und der soziale Bereich eher mit Erfahrungen mit Arbeitsfördermaßnahmen gemacht hatte. Im Laufe der Jahre sind dann viele neue Einsatzstellen dazu gekommen, die Bandbreite der Angebote ist vielfältiger geworden Ich war auch die Erste im gesamten Land Brandenburg, deren freiwillige Einsatzstellen im Internet einsehbar waren. Das war für mich eine zwingende Maßnahme, um eine Freiwilligenvermittlung für einen flächenmäßig großen gesamten Landkreis aufzubauen

Frage: Apropos Mobilität. Jetzt zu dem eingangs erwähnten von mir kürzlich genutzten BürgerBus.  Den hatte ich an einem Sonnabend als Rufbus geordert, um den Weg aus dem Firmensitz in Kuhlowitz zum Bad Belziger Bahnhof besser bewältigen zu können. Im Bus las ich, dass er von einem Ehrenamtlichen gefahren würde. Hattest du auch bei dieser Aktion „die Finger im Spiel“?

Steffi Wiesner: Ja, tatsächlich. Kurz nach meinem Dienstantritt kam die Idee auf, hier im Hohen Fläming einen Bürgerbus einzusetzen, wo sich reguläre Buslinien wirtschaftlich nicht tragen. Es war damals spannend, am entstehenden Projekt mitzuarbeiten. Ein Verein musste gegründet werden, und ich versuchte, die Ehrenamtlichen soweit wie möglich zu unterstützen. Es ging darum, gemeinsam mit Fachleuten die Linienführungen auszuarbeiten, die Modalitäten des Einsatzes der Busse festzulegen und ehrenamtliche Fahrer zu finden. 2009 hatte der BürgerBus Hoher Fläming dann sei e erste Fahrt, und ich freue mich noch heute, wenn ich den Bus unterwegs sehe.

Frage: Wir beide hatten uns erstmals 2015 im Flüchtlingsheim in Stahnsdorf kennengelernt, als wir versuchten, den sehr vielfältigen Impulsen zahlreicher Ehrenamtlicher für die Belange der Flüchtlinge zu koordinieren – ich als Heimleiter auf meiner Ebene, du im Hinblick auf die Koordinierung der Ehrenamtlichen allgemein …

Steffi Wiesner: Ja, ich erinnere mich sehr gut an diese sehr besondere Zeit. Auf der einen Seite gab es einen großen Bedarf an freiwilligen Helfern, ohne die vieles nicht möglich gewesen wäre, auf der anderen Seite erfuhr ich gerade auch von meinen Kolleg:innen aus den Gemeinschaftsunterkünften, wie schwierig die Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen oft war. Ich merkte, dass hier 2 Welten aufeinanderprallen: professionelle Sozialarbeit und emotionale freiwillige Helfer. Für mich war schnell klar, dass die an einen Tisch und reden müssen. Und tatsächlich hat sich dann oft gezeigt, dass es vor allem fehlende Kommunikation war, die zu vielen Problemen führte.

Frage: Flüchtlingskrise und Coronazeit waren bestimmt auch für deine Arbeit einschneidende Ereignisse. Wie hat sich deine Arbeit in den letzten 19 Jahren allgemein verändert?  

Steffi Wiesner: Am Anfang ging es noch hauptsächlich um die Einsatzstellenakquise und Vermittlung. Mittlerweile geht es viel mehr um das Netzwerken, Beratung und Information, Referate zum „Ehrenamt“, die Begleitung von Seniorenbeiräten, Organisationsentwicklung, die Begleitung von Projektideen, Anerkennungskultur und Lobbyarbeit für das Thema „Ehrenamt“- auch auf Landes- und Bundesebene und vieles mehr. Die Liste meiner Aktivitäten hat sich weiterentwickelt. Ich habe viele Partner und Akteure in den Kommunen, mit denen gemeinsame Aktionen umgesetzt werden. War ich 2004 noch mehr oder weniger „Alleinkämpferin“ kann ich nun auf ein großes vielfältiges Netzwerk mit tollen Leuten im Landkreis und auf Landesebene bauen. Und das macht diese Arbeit auch so abwechslungsreich und spannend.
Häufig konnte ich dabei an Initiativen von Bewohner:innen anknüpfen, musste sie nur aufgreifen, Netzwerkartner:innen aufspüren und persönliche oder institutionelle Kontakte zwischen ihnen knüpfen. Nicht immer muss ich mich so umfangreich einbringen wie beim Bürgerbus; mitunter genügt es, etwas anzustoßen, die Projektbeteiligten sind da mitunter selbst sehr kreativ. Wichtig ist, dass ich über zahlreiche Kontakte verfüge, beispielsweise um Hinweise über Fördermöglichkeiten zu geben oder dort, wo es gerade einmal klemmt bzw. mich vermittelnd einzubringen, wenn sich persönliche Beziehungen zwischen Freiwilligen einmal nicht so reibungslos gestalten. Als vielfach hemmend haben sich die kontakteinschränkenden Maßnahmen in der Zeit der Coronakrise erwiesen. Zwar konnten mehrere der zwischen 2020 und 2022 “eingeschlafenen” Aktivitäten durch die Einsatzbereitschaft der Akteur:innen wieder fortgesetzt werden, doch mitunter ergriff ich die Initiative. So lud ich im Sommer 2023 gemeinsam mit anderen Gleichgesonnenen zu einem Vernetzungstreffen für Ehrenamtliche für den Bereich “geflüchtete Menschen” ein. Von dieser Veranstaltung im Rathaus Bad Belzig gingen dann mehrere interessante Aktivitäten aus.

Bus mit Beschriftung Ehrenamt

Frage: Ich weiß, dass du sowohl regional als auch thematisch gesehen, ein “weites Feld” beackerst, um mit Theodor Fontane zu sprechen. Man kann im Rahmen eines solchen Interviews nur weniges anreißen. Wie behältst du da den Überblick? Und vor allem: wie können Menschen eine für sie passende Betätigung finden, wenn sie ehrenamtlich etwas Sinnvolles tun möchten?

Steffi Wiesner: Mich sprechen vor allem diejenigen an, die neu in den Ruhestand gehen und sich engagieren wollen oder Zugezogene, die so über ein Ehrenamt Anschluss suchen und Teil der Gemeinschaft werden wollen. Viele derer, die hier schon länger wohnen, sind ja bereits in den klassischen Bereichen Sport oder Freiwillige Feuerwehr etc. engagiert.

Als Anregung empfehle ich immer als erstes, auf meine Website https://freiwilligenarbeit-pm.de zu schauen, weil man hier nach den Einsatzstellen im eigenen Wohnumfeld suchen kann. Wer hier nicht fündig wird, eigene Ideen umsetzen möchte oder weitere Fragen hat, kommt zu einem persönlichen Gespräch. Und auch danach bleibe ich immer für alles im Bereich „Freiwilligenmanagement“ Ansprechpartnerin.

Frage:. Zum Abschluss interessiert mich ein Resümee deiner beinahe zwanzigjährigen Tätigkeit als Freiwilligenkoordinatorin des Landkreises Potsdam-Mittelmark

Steffi Wiesner: Fast 20 Jahre Freiwilligenkoordination heißt ja auch, fast 20 Jahre bei einem Arbeitgeber und Träger zu arbeiten. Ich bin sowohl dem heutigen SAM e.V. als auch dem Landkreis sehr dankbar, dass sie mich immer in meinen Plänen unterstützt und mir die Chance gegeben haben, mich weiterzuentwickeln. Da mein Lebensmittelpunkt in Potsdam ist, wurde ich schon öfter gefragt, ob ich denn das Pendeln nicht satt hätte und mir einen Job in Potsdam suchen möchte. Aber bis auf die Fahrerei gab es für mich in den letzten 19 Jahren nie einen Grund dafür. Ich habe einen sehr abwechslungsreichen interessanten Job, in dem ich viele tolle Menschen treffe, nette Kolleg:innen, viele Entfaltungsmöglichkeiten. Und auch Potsdam-Mittelmark ist mittlerweile ein Teil von mir. Ich bin immer noch mit Herzblut dabei. Vermutlich geht das in diesem Bereich auch gar nicht anders.

Danke dir und weiterhin viele Erfolg für die kommenden 19 Jahre!

Das Interview führte Thomas Kaminsky

 

 

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